6. Folge: Schwimmhöschen und die leichten Schuhe
im Schauspielhaus Wien wird derzeit in zwölf Folgen Die Strudlhofstiege von Heimito von Doderer als "Fortsetzungstheaterstück" aufgeführt: 12 Abende, 12 Regisseure, 4 Schauspielerinnen und Schauspieler, 900 Seiten Roman.
Ich begleite, gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Heimito von Doderer-Gesellschaft, dieses Projekt in Form von kurzen Eindruckswiedergaben, die im Doderer-Forum, und hier, nachzulesen sind.
Folge 6: Schwimmhöschen und die leichten Schuhe (Aufführung vom 8.2.2008)
Regie: Alexander Charim
Seite 424-479
"Herr Doderer, was ist das Magische an der Strudlhofstiege?" fragt der Erzähler (Johannes Zeiler) den Autor, der mit seiner großen Pfeife im Mund vom Spiegel-Cover in den Raum blickt. Gerade vorher hat er das Foto noch gekämmt, gepudert und mit Haarspray bearbeitet, als wolle er den Autor über den Umstand trösten, dass er ja nun doch im Theater gelandet ist, auch wenn er ja gegen das Theater eine so tiefe Abneigung hatte. Doch theatralisch sind seine Romane durchaus, und die heutige Folge führte das beeindruckend vor Augen.
Nach einem an die letzte Folge anknüpfenden Auftakt mit vier Diktaphonen, die Zitate aus den vergangenen Folgen ineinanderspielend verschränkten und die transzendente Kommunikation fortspielten, wurde ein Interview mit Doderer zitiert, in dem er sich gegen das Theater aussprach, und in die Stille nach der eingangs festgehaltenen Frage "Was ist das Magische an der Strudlhofstiege?" wurde es sehr deutlich auf den Punkt gebracht, dass es die Musik ist, die hier die Magie aufbaut. Eine fünfte "Protagonistin" betrat heute die Bühne: eine Pianistin begleitet die Schauspieler bei beeindruckenden Liedeinlagen bzw. interpretiert wunderbar zu Doderer passende Instrumentalpassagen. Das magische etwa an der Passage vom 21. August 1925, halb acht Uhr morgens, als René Stangeler im Duft von Lavendel erwacht und sich an das kleine Medaillon erinnert, ja, diese Magie stand in der Schneiderei erstaunlich greifbar da, und in sehr anschaulichen Wortstückbildern bewegte es sich musikalisch weiter. Eine kanonhaft improvisatorisch vorgetragene Überlagerung von repetitiven Textfragmenten aller vier Schauspieler bildete eine Brücke zum Erzähler, der die Vorzüge der damaligen Schlafwagenzüge spielerisch zwei mal (sehr unterschiedlich) vorträgt, was ein ironisch gefärbter Hinweis darauf ist, dass es sehr darauf ankommt, wie ein Text gelesen wird, was nicht nur am Theater, sondern auch bei Doderers Romanwelt eine Schlüsselfrage ist.
Die im Roman von mir heißgeliebte Szene mit dem Mate Tee hätte das wunderbare Gedicht durchaus als Vortrag vertragen, doch die statt dessen singende Editha Pastre (Marion Reiser), die dem anderweitig beschäftigten René Stangeler (Christian Dolezal) damit die poetisch-lyrische Arbeit abnimmt, passte zugegeben besser in die Dramaturgie des Abends.
Jemand, der die Strudlhofstiege mehr oder weniger präsent in sich trägt als Besucher bei den Variationen im Schauspielhaus, kann enttäuscht und beglückt zugleich sein, wenn eine Passage (gerade an einem sprachtechnisch so spannenden Abend wie diesem) gefühlterweise Chancen verspielt. Insgesamt aber war auch dieser straffe sechste Teil eine runde Sache, und ich beglückwünsche die Schauspieler zur absolvierten Halbzeit!
Ich begleite, gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Heimito von Doderer-Gesellschaft, dieses Projekt in Form von kurzen Eindruckswiedergaben, die im Doderer-Forum, und hier, nachzulesen sind.
Folge 6: Schwimmhöschen und die leichten Schuhe (Aufführung vom 8.2.2008)
Regie: Alexander Charim
Seite 424-479
"Herr Doderer, was ist das Magische an der Strudlhofstiege?" fragt der Erzähler (Johannes Zeiler) den Autor, der mit seiner großen Pfeife im Mund vom Spiegel-Cover in den Raum blickt. Gerade vorher hat er das Foto noch gekämmt, gepudert und mit Haarspray bearbeitet, als wolle er den Autor über den Umstand trösten, dass er ja nun doch im Theater gelandet ist, auch wenn er ja gegen das Theater eine so tiefe Abneigung hatte. Doch theatralisch sind seine Romane durchaus, und die heutige Folge führte das beeindruckend vor Augen.
Nach einem an die letzte Folge anknüpfenden Auftakt mit vier Diktaphonen, die Zitate aus den vergangenen Folgen ineinanderspielend verschränkten und die transzendente Kommunikation fortspielten, wurde ein Interview mit Doderer zitiert, in dem er sich gegen das Theater aussprach, und in die Stille nach der eingangs festgehaltenen Frage "Was ist das Magische an der Strudlhofstiege?" wurde es sehr deutlich auf den Punkt gebracht, dass es die Musik ist, die hier die Magie aufbaut. Eine fünfte "Protagonistin" betrat heute die Bühne: eine Pianistin begleitet die Schauspieler bei beeindruckenden Liedeinlagen bzw. interpretiert wunderbar zu Doderer passende Instrumentalpassagen. Das magische etwa an der Passage vom 21. August 1925, halb acht Uhr morgens, als René Stangeler im Duft von Lavendel erwacht und sich an das kleine Medaillon erinnert, ja, diese Magie stand in der Schneiderei erstaunlich greifbar da, und in sehr anschaulichen Wortstückbildern bewegte es sich musikalisch weiter. Eine kanonhaft improvisatorisch vorgetragene Überlagerung von repetitiven Textfragmenten aller vier Schauspieler bildete eine Brücke zum Erzähler, der die Vorzüge der damaligen Schlafwagenzüge spielerisch zwei mal (sehr unterschiedlich) vorträgt, was ein ironisch gefärbter Hinweis darauf ist, dass es sehr darauf ankommt, wie ein Text gelesen wird, was nicht nur am Theater, sondern auch bei Doderers Romanwelt eine Schlüsselfrage ist.
Die im Roman von mir heißgeliebte Szene mit dem Mate Tee hätte das wunderbare Gedicht durchaus als Vortrag vertragen, doch die statt dessen singende Editha Pastre (Marion Reiser), die dem anderweitig beschäftigten René Stangeler (Christian Dolezal) damit die poetisch-lyrische Arbeit abnimmt, passte zugegeben besser in die Dramaturgie des Abends.
Jemand, der die Strudlhofstiege mehr oder weniger präsent in sich trägt als Besucher bei den Variationen im Schauspielhaus, kann enttäuscht und beglückt zugleich sein, wenn eine Passage (gerade an einem sprachtechnisch so spannenden Abend wie diesem) gefühlterweise Chancen verspielt. Insgesamt aber war auch dieser straffe sechste Teil eine runde Sache, und ich beglückwünsche die Schauspieler zur absolvierten Halbzeit!
david ramirer - Freitag, 8. Februar 2008, 21:00