angeblich bedroht
es war einer jener tage, die sich aus der tiefe der nacht heraufschälen in das bewusstseinsfragment unseres täglichen lebens, als ich dieses kleinod von einem halbedelstein am straßenrand fand und mit nach hause nahm. die blümeranten frechheiten der frau in der trafik, als ich mir vor dem hochsteigen in meine wohnung im 34. stock noch zeitungen, geburtstagskarten, 70 ansichtskarten und 400 stangen zigaretten kaufte, parierte ich mit meinem schweizer taschensäbel, den ich kurzerhand aus der jackentasche befördert hatte. gleich war sie wieder ruhig, auch der kleine rotznasige dreikäsehoch, der hinter der pudel laut quietschend mit seinen legosteinen spielte, sah mich mit enorm geweiteten augen an und schwieg andächtig, als ich meinen säbel wieder zuklappte und auf den hacken kehrtmachte. daheim angekommen stellte ich die kisten und säcke erst mal im flur ab und warf mich selbst aufs bett, um 40 jahre lang zu schlafen. erheblich gealtert erhob ich mich und sah den stein neben mir liegen, dessen farben eine labsal für meine nunmehr alten, etwas lichtempfindlichen pupillen waren. aus dem radiowecker (den ich ja für 8 uhr morgens, 40 jahre später, eingestellt hatte) kam ein seltsames lied (es ist immer wieder erstaunlich, wie bauchpinselnd manche radiomoderatoren auch die beschissensten nummern ankündigen, im gegenständlichen fall war es nur noch impertinent zu nennen, wie sich der flachhirnige moderator selbst überschlug beim "anmoderieren"...) oh, du mein augenstern, höre/rieche/schmecke dich gar so gern, la la la, usw... ich stand auf und warf den radiowecker kaltblütig aus dem fenster. ich trat sodann langsam an das window 1.0, um dem radiowecker, der nun in zeitlupe in richtung gehsteig unterwegs war, nachzusehen. dummerweise hatte ich das stromkabel des weckers nicht aus der steckdose gezogen, mein fuß war um das kabel gewickelt... den rest können sie sich vorstellen. mit einem male sah ich mich daher auf einer reise in die tiefe wieder, der gehsteig kam mir hurtig entgegen, doch es war noch genug zeit, fernmündlich mit dem handy hilfe anzufordern. die feuerwehr rauschte brav an, spannte das sprungtuch gnädig unter mir auf und rettete mich. ich bedankte mich bei den florianijüngern überschwenglich, mit handdruck, umarmungen und anstecknadel (die gold-variante!) und freute mich, dass die karten für die darbietung im nahen lichtspielhaus, die ich vor 40 jahren gekauft hatte, nun doch noch von mir benutzt werden können. der film "jukafuuleutsli III" sollte inzwischen fertig gestellt sein, 40 jahre sollten gereicht haben, und tatsächlich: ein blick auf die nahestehende plakatwand zeigte den angekündigten film, premiere heute. cool, geil, super, dachte ich... voll hold. jetzt musste ich aber erstmal wieder zurück in meine wohnung in den 34. stock. was für eine expedition! einen lift hatten sie immer noch nicht eingebaut, und wenn man 40 jahre lang geschlafen hat, dann sind die muskeln ein wenig beleidigt. 4 stunden später kam ich keuchend und schwitzend (woher das wasser dafür kam, fragte ich mich nicht, dafür war ich zu fertig) in meiner wohnung an und zog mich um (denn die klamotten hatten nach 40 jahren bettruhe einen etwas wenig ausgehtauglichen geruch). meine schlüpfer rochen ein wenig muffig und staubig, meine rote ballrobe war aber noch recht gut in schuss, sie war ja auch immerhin aus 100% polyamid und praktisch ewig haltbar. es war auch keine zeit mehr für die große wäsche, das kino wartete ungeduldig. da es ein independent-film war, konnte ich ausnahmsweise auf meine sonst gewohnte dicke platte aus gesichtsschminke verzichten. es war ein grauenhafter film, so einen mist hatte ich überhaupt noch nie gesehen. vergrämt und angewidert ging ich nach hause und legte mich wieder ins bett. da ich keinen wecker mehr hatte, beschloss ich aufgrund der enttäuschung nach dem film kurzerhand, gar nicht mehr aufzuwachen. der halbedelstein neben mir im bett war das letzte, was ich sah, bevor ich in die tröstende dunkelheit eines traumlosen ewigen schlafes hinüberglitt.
diese geschichte entstand, um dem wunsch hier zu entsprechen :-)
diese geschichte entstand, um dem wunsch hier zu entsprechen :-)
david ramirer - Dienstag, 26. Juni 2007, 13:40