Grinzinger Weinsteig

Vom Schreiberweg geht es hinein.
Ein Hauserl steht mitten im Wein.
Der Mai war ein wenig zu kühl:
da sind halt die Reben noch klein.
Noch klein, aber gut fürs Gefühl.
Ich schau in das Blättergewühl.
Vom Hollerbusch fächelt der Wind
hangauf ein Harmonikaspiel.
Hangab zwischen Linden beginnt
ein Zwiebelturm, goldener sind
die Häuser ins Grüne gestreut,
das zart in der Bläue verrinnt.
Es hat mich nicht immer gefreut.
Dort unten verdämmert das Leid.
Dort schwimmt mir ein silbernes Band,
das bindet gelinde ans Heut.
Du welliges, seliges Land,
du Blick, in die Sinne gebannt:
Noch ist es wie ehemals mein
und schön und im Blute verwandt.
Das Große läßt fremd und allein.
Am Ende doch tröstet der Wein.
Der Mai war ein wenig zu kühl -
da sind halt die Reben noch klein.

Josef Weinheber (1882-1945), "Wien wörtlich" (1935)
(mit dank an oops für den hinweis auf den heutigen ö1 kulturwandertag quasi vor der haustüre)
david ramirer - Sonntag, 19. Oktober 2008, 23:40
"Nicht weil du glanzbewußt,
heute so strahlend tust,
weil du ein Wiener bist,
Berg, sei gegrüßt.
...
"
Heute wohne ich in den Weinbergen südlichen von Wien und fange an ein neues Heimatgefühl zu entwickeln.
Aber dort in der Senke zwischen Grinzing und dem Kahlenberg begegnet dir ja auch Beethoven und Schubert auf Schritt und Tritt. Es ist einfach eine herrliche Gegend.
ja... grinzing, sievering, wildgrube, schreiberweg und -bach, beethovenpark, cobenzl, nußdorf, am himmel nebst steinbruch...
alles stätten der kindheit, aber auch landschaft meines späteren lebens. immer wieder schicksalhaft und magnetisch.